Seelsches Bruch
Das "Seelsche Bruch" wird zum ersten Mal 1296 in einer Halberstädter Urkunde erwähnt. Ein Erxleber Dokument von 1479 nennt die „Fischerei auf dem Selschen Bruche“.
Zum Ende des 13. JH gründete das Zisterzienserkloster Mariental (bei Helmstedt) in Hakenstedt einen Klosteraussenhof, das spätere Stiftungsgut. Mariental wählte diesen Standort wegen der direkten Nähe zum fischreichen Seelschen See, der die Versorgung von Klosterküüchen in umliegenden Wirtschaftshöfen sicherte. Neben Hakenstedt besaß Mariental weitere Höfe im nahen und weiteren Umkreis der Magdeburger Börde. So u.a. in Siegersleben, Mammendorf, Hamersleben, Brandsleben, Kowelle und Warsleben. 1293 erwarben Zisterzienser von den Dönstedter Schencken drei Fischteiche im Seelschen Bruch, die zum Aufbau einer erfolgreichen Fischzucht dienten.
Neben dem Hakenstedter Klosteraussenhof, der bis zum 30jährigen Krieg drei Pachtfischer auf seinen 26 Hufen Seegebiet beschäftigte, betrieben das Schloss Erxleben auf 34 Hufen und die Burg Ummendorf auf 42 Hufen Pachtfischerei. Der See besaß eine Gesamtfläche von über 770 Hektar.
Lange schreckte das Seelsche Bruch Durchreisende und kriegerische Horden vom Betreten des schwankenden und morastigen Grundes ab. Weil Bewohner aus umliegenden Gemeinden sich im Bruch auskannten, nutzten sie bei drohenden Gefahren das Bruch als Versteck und Rückzugsgebiet. Dies ist für 1806 dokumentiert, als Napoleons Truppen hier einmarschierten, aber auch im 30jährigen Krieg.
Zwei vielbefahrene mittelalterliche Handelsrouten verliefen unweit des Seelschen Bruches. Die auf dem südlich gelegenen Hügelkamm durch Neu Ummendorf verlaufende Heerstraße verband Magdeburg mit Schöningen, der nördlich gelegene Handelsweg folgte in etwa der späteren Bundesstraße 1. Er verband in kurzer Distanz Magdeburg mit Helmstedt, als Fernziel Aachen mit Danzig als Teil des historischen Hellweges.
Die erste feste Straßenberbindung direkt durch das Bruch entstand erst zu Beginn des 20. JH, als der Feldweg durch das morastige Gebiet 1905 ausgebaut wurde. Bis dahin mussten Pferdegespanne in Richtung Eilsleben einen Umweg über Ovelgünne nehmen. Wegen der starken Steigung am Eilsleber Berg besaß die Straßenverbindung zwischen Hakenstedt und Eilsleben eine weit ausholende Serpentine, um beladenen Pferdegespannen den Anstieg zu ermöglichen. Erst in den 70er Jahren des 20. JH hat eine neue Straßenführung die Serpentine überflüssig gemacht. Pferdegespanne gab es schon lange nicht mehr.;-)
Wie der Naturfreund und Heimatforscher Karl Schlimme in seinem 2007 veröffentlichten Artikel zum Seelschen Bruch in der Jahresschrift der Museen des Landkreises Börde mitteilt, sammelt sich auf über 6.000 Hektar im Seelschen Bruch der gesamte Niederschlag, den ein stets offenes Stauwehr am Reiherhals in die Aller entlässt. Die vorwiegend aus Wiesen und Buschwerk bestehende Niederungsfläche entspricht der ehemaligen Seegröße von über 770 Hektar.
Das Seelsche Bruch hat seit Trockenlegung eine Vielzahl von Maßnahmen über sich ergehen lassen müssen. Ein vorzügliches Areal mit Gräben, Wiesen, langen Pappelreihen und einzelnem Buschwerk ermöglichte eine rasante Herausbildung von unglaublicher heimatlicher Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten. Spätere staatlich gelenkte Regelungen führten zu Beginn der 1950er Jahre mit einer zeitgleich einsetzenden Zwangskollektivierung der Landwirtschaft zu langfristigen nachteiligen Auswirkungen im Bruch. So brachte man lange tiefe Schnitte in den Wiesengrund auf mehr als 600 km Länge ein um sie mit Drainageröhren zu versehen, die das Oberflächenwasser abführten. Die Idee dazu hatten Parteifunktionäre der damaligen sozialistischen Führungsebenen am Schreibtisch, um die landwirtschaftliche Intensivnutzung zu optimieren.
Selschen oder Seelschen