===> FERKEL- u. HEERWEG

Zwischen Eilsleben und Hakenstedt tangiert der neue Ferkeltaxenradweg auf seinem Scheitelpunkt einen unscheinbaren Feldweg mit historischer Vergangenheit. Dieser Weg führt durch Neu Ummendorf, wo er als Alter Heerweg auf seine vormalige Bedeutung hinweist. In reizvoller Landschaft, umgeben von purer Natur, folgt er dem Hügelzug von Ost nach West. Über Jahrhunderte bewegten sich auf ihm Händler, Gemeine, ehrenwerte Ritter und finstere Gestalten, zu ihren Zielen in Richtung Schöningen/Helmstedt und Magdeburg. An einigen Stellen des Alten Heerwegs standen im Mittelalter unübersehbar hölzerne Galgen, die Gewaltverbrechern zur Abschreckung dienen sollten. Bei schweren Vergehen hatten Delinquenten mit Konsequenzen an Ort und Stelle zu rechnen. So war der Alte Heerweg umgangssprachlich auch als Galgenweg bekannt.   

Schon lange vor Neu-Ummendorfs Gründung gab es in direkter Nähe die Siedlung Selschen, die dem Selschen Bruch zum Namen verhalf. Heute nur als Wüstung bekannt. Selschen lag am großen und fischreichen Selschen See, weshalb auch Fischer wohl zu ersten Siedlern gehörten. Durchreisende und ihre Gefährten konnten sich unmittelbar am Alten Heerweg in einer idyllischen Umgebung von ihren Reisestrapazen entspannen, im Sommer ein Bad im See gönnen oder eine leckere Fischmahlzeit verzehren. Doch bereits 235 Jahre vor Trockenlegung des Sees verschwand Selschen ganz von der Bildfläche. Letzte Bewohner verließen 1486/87 ihren Heimatort, als die 2,5 km lange Landwehr zwischen Selschen und der Aller zur Abwehr von feindlichen Eindringlingen entstand. Teile ihrer abgerissenen Häuser kamen dafür zum Einsatz. Nur Selschens mächtige Kirche konnte vorerst standhalten, bevor der Zahn der Zeit auch sie zernagte. Ihre Überreste schlummern bis heute im Boden, markieren die Wüstungsstelle und legen Zeugnis einer beeindruckenden Vergangenheit ab. In Neu Ummendorf erinnert ein mächtiger Gedenkstein an Selschen, den Tierarzt und Historiker Dr. Albert Hansen 1926 aufstellen ließ. 

Vom kleinen Höhenzug des Alten Heerwegs aus ist die Schönheit des Seelschen Bruches eine Augenweide für alle Naturliebhaber. Zu jeder Jahreszeit bietet die Natur alles auf, was im Seelschen Bruch lebt, wächst und gedeiht. Im Frühling erwacht das Bruch aus dem Winterschlaf, erste Zugvögel aus nördlichen Regionen erholen sich auf Feuchtwiesen bei einer Rast. Zartes Grün sprießt aus allen Zweigen und entfaltet mit Frühblühern einen unwiderstehlichen Reiz.

Nach warmen Sommertagen liegen in der Früh geheimnisvolle Schleier aus dichten Nebelschwaden auf der großen grünen Weite der Niederung. Gedankenschnell erblickt man den einstigen See vor dem geistigen Auge, dessen weite Wasserfläche alles bedeckte. Mit ein wenig Phantasie fahren Fischer in schaukelnden Kähnen über den See und werfen ihre Fangnetze aus. Gleich dazu gesellt sich die Erinnerung an die Sage zur untergegangen Stadt Sela und der versunkenen Glocke. Spätestens der markante Ruf des Kuckucks bringt uns die Realität zurück, der Sommer ist nun endlich da. Hämmernde Spechte im Gehölz und stolz am blauen Himmel ihre Kreise ziehende Greife komplettieren das sommerliche Bild des Bruches.

Mit beeindruckender Farbenpracht verwöhnt uns das Bruch im Herbst. Im diffusen Licht der untergehenden Sonne ergeben sich im Zusammenspiel mit herbstlichen Farbtönen der Bäume und Sträucher immer wieder neue und interessante Eindrücke.

Sobald der Winter Einzug gehalten und Schnee das Bruch märchenhaft eingehüllt hat, ist vom bunten Treiben der grünen Jahreszeit nicht mehr viel zu spüren. Hier und da ziehen Rehe in größeren Gruppen auf Nahrungssuche über Wiesen und bestellte Felder. Eher selten sind die putzigen Waschbären bei ihrer Nahrungssuche zu beobachten. Einzelne Schwanenpaare, auf der Suche nach Verpflegung, verlieren sich im Weit der schneebedeckten Bruchlandschaft. Nur spärlich sind die einst so zahlreichen Hasen auszumachen, die hoppelnd über Äcker hasten. Ein hungriger Fuchs, der gerade seinen Speiseplan mit ein paar Mäusen bereichert, läßt sich dabei nicht ablenken.

Immer wieder herrlich, dieses Seelsche Bruch – zu jeder Jahreszeit, und das Beste: Neu Ummendorf an der Alten Heerstraße verfügt dabei über einen Logenplatz und bietet allen Durchreisenden die Verbindung zum Aller-Radweg.