Lokale Stätten im Selschen Bruch
Papendamm
Im Volksmund wurden die kirchlichen
Würdenträger "Papen" genannt. Wenn Selschens Pape seine anderen
Gemeinden trockenen Fußes erreichen wollte, musste er den See an seiner schmalsten
Stelle überwinden. Hier ermöglichte ihm ein künstlich aufgeschütteter Damm die
Überquerung, der deshalb Papendamm heißt.
Hafenanlage mit Mole
Bis in die 1920er Jahre hinein sollen noch Reste einer alten Hafenanlage gewesen sein, die eine kleine Mole umgab. 1925 wurde
sie eingeebnet, ist heute noch mit kundigem Auge erkennbar. Hier landeten Fischer ihren Fang an, auch das Boot des Papen ging hier vor Anker.
Glockenborn
Im Südwest-Winkel des Selschen Bruches liegt
der sagenumwobene Glockenborn, um den sich viele Sagen ranken. Einst soll in seinem sumpfigen Umfeld
eine Glocke versenkt worden sein, um sie vor Verlust zu bewahren.
Unsere Altvorderen merkten sich diese Stelle und holten zu gegebener Zeit die Glocke
wieder ans Tageslicht. Es passierte aber, daß Jahre ins Land gingen und keiner
mehr die Stelle kannte, wo die Glocke im Morast lagerte. So war es rein
zufällig, daß viele Jahre später eine Sau beim Hüten die Glocke wohlbehalten aus dem Untergrund beförderte. Als die Schweinehirtin diese Kunde ins Dorf brachte, waren alle Einwohner begeistert. Sie strömten zur Fundstelle und zogen die Glocke aus dem moorigen Boden. Um die Glocke wiederzufinden hatte die Schweinehirtin ein rotes Strumpfband von ihr an der Glocke befestigt.
Reiherhals
In der Südostecke des Seelschen Bruches
befindet sich der einzige Ableitungsgraben des Seelschen Bruches. Weil der Grabenverlauf dem Hals des gleichnamigen Tieres ähnelt, wird er nach ihm benannt.
An dieser Stelle kam es zum Durchstich, um das weiträumige Areal des Seelschen Sees
zu entwässern. In grauer Vorzeit soll eine Verstopfung des engen Reiherhalses zur Entstehung
des großen Selschen Sees beigetragen haben. Es anzunehmen, daß Biberkolonien dies bewerkstelligten. Aus diesem Grund dürfte es zum Anstau des Sees auf über 130 Metern über NN gekommen sein. Heimatforscher konnten einen an Hand von Schneckengehäusen bewiesenen maximalen Wasserstand von über 130 Metern über NN nachweisen. Erwänenswert ist hier auch die Auffassung, daß dieser Uferrandbereich von um 130 Metern ggf. durch Bewegungen der Erdoberfläche entstanden sein könnten.
Kahneberg
Der Überlieferung nach vertäuten einst Hakenstedter
Fischer hier ihre Kähne. Diese sich vom Bruch bis zum Bahnhof hinziehende Erhöhung stellt den östlichen Rand des vormaligen Sees dar. Als Anlegestelle kommt eher die Niederung des Kahnebergs in Frage. Der Kahneberg mit 132 Metern liegt weit über dem vormaligen Wasserstand im See. Siedlungsspuren aller Epochen vom Nettelberg, der mit 123,5 Metern
wesentlich tiefer liegt, dürften diese Auffassung bestätigen. Es ist zu
vermuten, daß eine Anlegestelle einige Hundert Meter weiter, in Richtung des
Seelschen Sees gelegen hat.
Nettelberg
Sicherlich wegen seiner wilden
Natürlichkeit kam es zu dieser Benennung im ostfälischen Platt, aber auch
Nesselberg (Brennesselberg) ist korrekt. Diese kleine Insel verbirgt in ihrem
Umfeld kostbare Zeugnisse aus der Vergangenheit, die bereits mehrfach auf sich
aufmerksam machten. So sind Lesefunde aus allen Besiedlungsepochen nachgewiesen,
die bis zur Steinzeit zurückreichen. Dazu gehören nach Aussagen von Karl
Schlimme in der „Jahresschrift der Museen des Landkreises Börde“ von 2007 u.a.
Steinbeile, Feuersteinklingen, Knochengeräte, Münzen aus der Zeit um 1100. Im
Zuge des Projektes „Wiedervernässung Seelsches Bruch“ hat der Nettelberg zum
Schutz vor Bodenräubern eine 1,5 Meter dicke Deckschicht aus Muttererde
erhalten.
Taternspring
Beim Taternspring handelte es sich um einen, mit einer lebhaften Quelle
versehenen Rastplatz am Rande des Selschen Sees, unweit der Wüstung Selschen.
Der Volksmund bezeichnete die im Mittelalter nicht sesshaften Wanderfamilien
als Tatern. Gern ließen diese sich hier an dieser romantischen Stelle nieder,
wo stets kostbares Wasser aus dem Taternspring ihnen eine wohltuende
Erfrischung bot.