Menschen des Mittelalters trugen Amulette als Schmuck am Körper oder in einer Tasche ihres Gewandes. Amulette verfügten in der Vorstellung über magische Kräfte, die vor Krankheit und Unheil schützten. Meist waren es kleine Steinfiguren, Zähne, Krallen bestimmter Beutetiere oder metallische Elemente. Amulette aus beständiger Materie schlummern Jahrhunderte im Boden, bis sie die Erde eines Tages wieder freigibt.
2011 gelang dem ehrenamtlichen Denkmalpfleger und Heimatforscher Günter Wagener aus Eilsleben so ein glücklicher Fund. Er beging zum wiederholten Mal mit Metallsonde ein Flurstück nahe Neu Ummendorf, als ein erneuter Fund ins Auge trat. Schon häufiger barg er in diesem Areal Relikte früherer Jahrhunderte wie Ziegelreste, Schlüssel, Spinnwirtel, Tonscherben, Knochengeräte und Münzen, sogar Exemplare aus der Römerzeit. Diesmal kam ein unscheinbares Stück Metall zum Vorschein, welches sich nach erster Begutachtung als gefaltetes Bleiblech herausstellte. Zur Behandlung gelangte das Fundstück ins Landesmuseum für Vorgeschichte Halle, wo es Experten untersuchten.
Dort kam es zur fachkundigen Entfaltung des Bleitäfelchens. Mit Maßen von ca. 4,0 x 5,5 cm wies es auf einer Seite allerhand Details auf, zu denen ein in Latein abgefasster Text gehörte, der nach Entschlüsselung bemerkenswerte Ergebnisse freigab. Hinzu ergänzende Fragmente aus Evangelien, Namen der Schutzbefohlenen und die Datierung von 1070. Das Täfelchen trug einst eine weibliche Person, deren Name vermerkt ist. Im gefalteten Zustand wies das Täfelchen eine Durchlochung für ein Halsband auf, weshalb es ohne Hülle am Körper zu tragen war.
Bei Fertigung von neuen Inschriftentäfelchen waren vorgegebene Riten und Regeln strikt einzuhalten, die nur eine dafür auserwählte Person vornehmen durfte. Auserwählte Texte, Symbole und Zeichen bilden den strukturierten Inhalt eines neuen Täfelchens. Selbst die mehrfache Faltung unterlag überlieferten Vorgaben und Bräuchen. Positionierungen von Zeichen und Endbehandlung des Amuletts liefen parallel zur meditativen Begleitung. Inhalte, Zeichen und Abkürzungen waren auf Schutzbefohlene abgestimmt, so daß magische Kräfte ihre/n Träger/in vor Krankheit und Unheil schützten.
(Diese Informationen entstanden unter freier Verwendung eines veröffentlichten Textes. Quelle: "Kleine Hefte zur Archäologie in Sachsen-Anhalt" Broschüre: "Magische Beschwörungen in Blei - Inschriftentäfelchen des Mittelalters aus Sachsen-Anhalt" Heft 10 2013 "Herausgeber: Harald Meller")